Coronavirus: Risikogebiet Arbeitsplatz – was gilt arbeitsrechtlich bzgl. des neuen Coronavirus?

Das neue Coronavirus («COVID-19») hat nun auch die Schweiz erreicht und wird sich weiter verbreiten. Das Virus dominiert …

am 9. März 2020

um 13:30 Uhr

Das neue Coronavirus («COVID-19») hat nun auch die Schweiz erreicht und wird sich weiter verbreiten. Das Virus dominiert die Medienlandschaft und ist in aller Munde. Es häufen sich Berichte über infizierte Personen und betroffene Betriebe. Was bedeutet das Coronavirus für den Arbeitsalltag? Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Schutzmassnahmen am Arbeitsplatz

Der Arbeitgeber muss aufgrund seiner Fürsorgepflicht zumutbare Massnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer treffen. Konkret bezogen auf das Coronavirus sind dies z.B. folgende Massnahmen:

  • Information und Aufklärung der Arbeitnehmer über Ansteckungsmöglichkeiten;
  • Auflage der Verhaltens- und Hygieneregeln des Bundesamtes für Gesundheit;
  • Bereitstellung von Desinfektionsmitteln und evtl. auch Schutzmasken;
  • Verzicht auf Geschäftsreisen in Risikogebiete;
  • Festlegung von Verhaltensregeln (z.B. Informationspflicht bei Erkrankung des Arbeitnehmers oder einer Person in dessen unmittelbarem Umfeld);
  • Im Falle einer besonderen oder ausserordentlichen Lage: Ausarbeitung eines Pandemieplans.

Selbstquarantäne

Kehrt ein Arbeitnehmer aus einem Risikogebiet zurück, ist der Arbeitgeber zum Schutz der übrigen Arbeitnehmer zur «Selbstquarantäne» des betreffenden Mitarbeiters verpflichtet. Der Arbeitgeber kann aufgrund seines Weisungsrechts Homeoffice anordnen oder den Arbeitnehmer vorübergehend freistellen. Ausserdem kann der Arbeitgeber anordnen, dass Überstunden oder Überzeit kompensiert oder Ferien bezogen werden müssen. Bei der Kompensation von Überstunden oder Überzeit ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Bei der Anordnung von Zwangs- oder «Betriebsferien» sind die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. In der Praxis hat sich eine Mindestankündigungsfrist von zwei bis drei Monaten etabliert.

Lohnfortzahlungspflicht ja

Der Lohn ist (während einer beschränkten Zeit) z.B. in folgenden Fällen geschuldet:

  • Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit;
  • Behördlich angeordnete Quarantäne über den einzelnen Arbeitnehmer ohne Erkrankung [umstritten];
  • Reiseunfähigkeit aufgrund einer Erkrankung in den Ferien;
  • Betreuung eines erkrankten Kindes;
  • Selbstquarantäne auf Weisung des Arbeitgebers;
  • Fernbleiben von der Arbeit aufgrund fehlender Schutzmassnahmen und mangels Anwendung von Hygienevorschriften durch den Arbeitgeber;
  • Betriebsschliessung auf behördliche Anweisung (allenfalls Nachholung der «verpassten» Arbeitszeit).

Lohnfortzahlungspflicht nein

In folgenden Fällen ist der Lohn z.B. nicht geschuldet:

  • Fernbleiben von der Arbeit aus eigenem Antrieb aus Angst vor einer Ansteckung;
  • Unmöglichkeit der Rückkehr aus den Ferien aufgrund von behördlich verbotener Rück- oder Ausreise;
  • Verspätung oder Unmöglichkeit des Arbeitswegs wegen eingeschränktem oder eingestelltem öffentlichen Verkehr;
  • Betreuung des Kindes nach Schliessung eines Kindergartens, einer Schule oder Kindertagesstätte [umstritten];
  • Betreuung des Kindes, das aus Angst vor einer Ansteckung nicht in die Kindertagesstätte, Schule oder den Kindergarten geschickt wird;
  • Behördlich angeordnete Quarantäne über den Wohnort des Arbeitnehmers.

Kurzarbeit

Die Möglichkeit der Kurzarbeit ist vor allem bei Unternehmen zu prüfen, bei denen Homeoffice aufgrund der konkreten Arbeitstätigkeit nicht möglich ist. Kurzarbeit soll verhindern, dass ein Unternehmen wegen eines plötzlichen, wohl kurzfristigen Nachfrageeinbruchs Arbeitnehmer entlassen muss. Kurzarbeit kommt nicht nur bei vorübergehender Reduzierung, sondern auch bei vollständiger Einstellung der Arbeit in einem Unternehmen («Betriebsschliessung») in Betracht.

Entschädigung

Haftungsfragen in Pandemiefällen sind im kantonalen Recht geregelt. Es ist somit in jedem Kanton einzeln zu prüfen, ob ein allfälliger Anspruch auf Entschädigung besteht. Bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kann zudem die Insolvenzentschädigung Lohnausfälle decken.

Dieser Newsletter dient einzig zu Informationszwecken und ist keine vollständige Checkliste. Die erwähnten Beispiele im Zusammenhang mit der Lohnfortzahlung sind zum Teil in der Praxis umstritten und basieren nicht auf Präjudizien; eine abweichende Ansicht eines Gerichts ist somit nicht auszuschliessen. Es ist daher ratsam, insbesondere in diesen Fällen das Gespräch und eine einvernehmliche Lösung zu suchen.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Analyse Ihrer Situation sowie beim Erarbeiten und Durchsetzen einer angemessenen Lösung.