Das Bauhandwerkerpfandrecht; eine Übersicht über dessen Voraussetzungen und Verfahrensablauf sowie mögliche Abwehrhandlungen

Art. 837 Abs. 1 Ziffer 3 ZGB gibt dem Handwerker und Unternehmer als Sicherung für seine Werklohnforderung ein …

am 10. Mai 2023

um 13:02 Uhr

Art. 837 Abs. 1 Ziffer 3 ZGB gibt dem Handwerker und Unternehmer als Sicherung für seine Werklohnforderung ein gesetzliches Pfandrecht am Grundstück, auf dem der Handwerker bzw. das Unternehmen sich zu arbeiten verpflichtet oder auf dem er gearbeitet hat (Bauhandwerkerpfandrecht). Es geht entsprechend darum, den Bauhandwerker, welcher durch seine Arbeit und gegebenenfalls durch das Verbauen von Material einen Mehrwert an der Liegenschaft geschaffen hat, für seine Werklohnforderung zu schützen.

Eigentümer, welche z.B. über ein Generalunternehmen (GU) oder ein Totalunternehmen (TU) Arbeiten an der Liegenschaft ausführen lassen, riskieren, dass ein beigezogener Subunternehmer von diesem Recht Gebrauch macht, weil er vom GU oder TU den Werklohn nicht erhalten hat, obwohl der Eigentümer dem GU oder TU den Werklohn bereits bezahlt hat. Entsprechend besteht auch die Gefahr einer Doppelzahlung.

1. Gesuchstellende Partei

Grundsätzlich sind alle Unternehmer, die Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert oder sich dazu verpflichtet haben, berechtigt, zur Sicherung ihrer Werklohnforderung vom gesetzlichen Pfandrecht Gebrauch zu machen. Dies gilt auch für Subunternehmer, unabhängig davon, ob der Grundeigentümer von ihrem Beizug wusste bzw. unabhängig davon, wer die Arbeiten vergab (z.B. der Eigentümer selbst, ein beauftragter Architekt oder ein Generalunternehmer).

Hat indessen ein Mieter, ein Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person die Leistungen bestellt, so besteht der Anspruch auf das Pfandrecht nur dann, wenn der Grundeigentümer den Arbeiten zugestimmt hat (Art. 837 Abs. 2 ZGB).

Nicht berechtigt sind Unternehmer, die ausschliesslich allgemeine und seriengefertigte Baumaterialien geliefert haben (z.B. Kies, Beton, Backsteine etc.). Ebenso keinen Anspruch auf Pfanderrichtung haben Architekten und Ingenieure.

2. Gesuchsgegner

Der Normalfall zeichnet sich dadurch aus, dass der Vertragspartner des Handwerkers auch der Eigentümer ist. Wie zuvor dargelegt, muss dies aber nicht zwingend der Fall sein. Der Gesuchsgegner ist der bzw. sind die Grundeigentümer der Liegenschaft. Dies ist auch der Fall, wenn die Liegenschaft nach Beendigung der Arbeiten z.B. veräussert wird. Auch dann richtet sich der Anspruch gegen den (neuen) Eigentümer. Wechselt das Grundstück den Eigentümer während eines laufenden Eintragungs-Verfahrens, so bleibt dies auf das laufende Verfahren ohne Einfluss. Es erfolgt diesfalls kein Parteiwechsel. Der neue Eigentümer muss sich den Eintrag auch gefallen lassen, wenn er am entsprechenden Verfahren nicht beteiligt war.

3. Das zu belastende Grundstück

Die gesuchstellende Partei hat das Grundstück genau zu bezeichnen, auf welches das gesetzliche Pfandrecht einzutragen ist und auf welchem Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert wurde. Bezeichnet sie das falsche Grundstück, wird das Gesuch abgewiesen.

Befindet sich die Baute, an welcher gearbeitet wurde, auf einer einzelnen Parzelle, lässt sich das zu belastende Grundstück einfach und mittels eines Grundbuchauszugs bestimmen.

Nicht immer ist dies aber so einfach und klar. Insbesondere können folgende Sachverhalte zu Klärungsbedarf Anlass geben:

Wenn eine Liegenschaft im Miteigentum steht, so können entweder die Gesamtliegenschaft oder die jeweils einzelnen Miteigentumsanteile belastet werden. Ersteres ist indessen nur dann möglich, wenn an einem Miteigentumsanteil nicht bereits Grundpfandrechte oder Grundlasten bestehen.

Bei Stockwerkeigentum ist hohe Sorgfalt walten zu lassen. Dienten die Handwerkerarbeiten ausschliesslich zur Ausstattung und Verbesserung der im Sonderrecht des Stockwerkeigentümers stehenden Gebäudeteile, so darf der Eintrag nur zu Lasten dieses Stockwerkeigentumsanteils erfolgen. Wurden die Handwerkerleistungen nur an den gemeinschaftlichen Bauteilen erbracht, so ist das Bauhandwerkerpfandrecht entweder zu Lasten der Stammparzelle oder im Verhältnis der einzelnen Wertquoten auf die jeweiligen Stockwerkeigentumsanteile einzutragen. Zu beachten ist aber, dass in einem solchen Fall (Handwerkerleistungen nur an den gemeinschaftlichen Bauteilen) die Stammparzelle dann nicht belastet werden kann, wenn bereits eine Belastung einzelner oder aller Stockwerkeigentumsanteile besteht. Diesfalls darf das Pfandrecht auch nur noch auf die verschiedenen Stockwerkeigentumsanteile nach Wertquoten erfolgen.

Ebenso gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass ein Baurechtsgrundstück wie ein gewöhnliches Grundstück behandelt wird. Erfolgte die Handwerkerleistung auf einem Baurechtsgrundstück, so ist das Bauhandwerkerpfandrecht auf dem Baurechtsgrundstück eintragen zu lassen.

Wird auf mehreren Grundstücken eine grosse Gesamtüberbauung erstellt, so ist grundsätzlich eine Aufteilung auf alle betroffenen Parzellen entsprechend der darauf verrichteten Arbeit vorzunehmen. Ein Gesamtpfand auf sämtlichen betroffenen Grundstücken, mit welchem die gesamte Werklohnforderung gesichert werden soll, ist nur ausnahmsweise und nur dann denkbar, wenn alle Parzellen demselben Eigentümer gehören.

4. (Eintragungs-) Frist

Der Anspruch auf Pfanderrichtung entsteht mit dem Abschluss des Werkvertrages und erlischt vier Monate nach Vollendung der Arbeit. Die Vollendung der Arbeit zu bestimmen, ist nicht immer ganz einfach. Freilich zählen unbedeutende Arbeiten wie z.B. Aufräumarbeiten nicht als «Vollendungshandlungen». Zur Bestimmung des Zeitpunktes sollte möglichst eine funktionelle Betrachtungsweise herangezogen werden. Sind also Arbeiten noch im Gange, welche für die grundsätzliche Benutzung des Werkes notwendig sind, so laufen noch Vollendungsarbeiten.

Dieser viermonatigen Frist bis zur Eintragung im Grundbuch sollte man grosse Aufmerksamkeit schenken. Wird sie nicht eingehalten, so erlischt der Anspruch auf Errichtung des Pfandrechts. Zudem ist zwingend zu berücksichtigen, dass die Frist nur dann gewahrt ist, wenn innert der viermonatigen Frist die Eintragung effektiv im Grundbuch erfolgt ist. Die Frist ist – mit anderen Worten – mit der Stellung des Gesuchs beim Gericht nicht gewahrt, weshalb ausreichend Zeit einzuplanen ist, damit das angerufene Gericht die notwendigen Handlungen noch rechtzeitig veranlassen kann.

5. Zuständiges Gericht

Zuständig sind die Gerichte am Ort der gelegenen Sache, also am Lageort des Grundstücks. Meistens sind die Bezirks- bzw. Zivilgerichte zuständig. Einige Kantone führen aber auch sog. Handelsgerichte. Diese sind in der Regel dann zuständig, wenn eine handelsgerichtliche Streitigkeit vorliegt, mithin wenn beide Parteien im Handelsregister eingetragen sind, die geschäftliche Tätigkeit mind. einer Partei betroffen ist und ein bestimmter Streitwert (meistens mind. CHF 30’000.00) erreicht wird.

6. Verfahrensablauf

a) Summarisches Verfahren zur prov. Eintragung

Der Handwerker muss sein Gesuch begründet und dokumentiert beim zuständigen Gericht einreichen. Insbesondere muss er darlegen, dass er auf dem Grundstück des Eigentümers gearbeitet und allenfalls auch Material geliefert hat (oder sich dazu verpflichtet hat), welche Arbeiten er ausgeführt hat und wann er diese vollendet hat. Zudem muss er darlegen, welcher Werklohn noch offen ist. Gegebenenfalls muss er den Werklohn auch auf die einzelnen Parzellen entsprechend aufteilen.

Da es bei der vorläufigen Eintragung primär um die Wahrung der viermonatigen Frist geht, innert welcher die Eintragung erfolgt sein muss, sind vom Handwerker in diesem Verfahrensstadium die Eintragungsvoraussetzungen lediglich glaubhaft zu machen. Sind die Eintragungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht, so weist das Gericht das Grundbuch – und bei Verzugsrisiko ohne Anhörung des Eigentümers – an, das Bauhandwerkerpfandrecht vorläufig einzutragen. Gleichzeitig wird das Gericht in der Regel zur Verhandlung laden und, sofern der Eigentümer noch nicht angehört wurde, diesem das rechtliche Gehör gewähren.

Erscheint der Anspruch des Handwerkers auch nach durchgeführtem Verfahren glaubhaft, so bestätigt das Gericht die vorläufige Eintragung. Gleichzeitig setzt es dem Handwerker Frist an, um beim ordentlichen Gericht auf definitive Eintragung des Pfandrechts zu klagen.

Der Eigentümer kann sich in diesem Verfahrensstand bereits zur Wehr setzen. Es ist indessen zu beachten, dass zu diesem Zeitpunkt das angerufene Gericht ausschliesslich summarisch prüft, ob die Eintragungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht sind und an dieses Beweismass nicht allzu strenge Anforderungen gestellt werden. Freilich steht es dem Eigentümer zu, den Eintrag zu verhindern, indem er anderweitige Sicherheit (z.B. Bankgarantie) bietet (Art. 839 Abs. 3 ZGB).

Wird das Gesuch um vorläufige Eintragung des Pfandrechts vom Gericht abgewiesen oder tritt es darauf nicht ein, hat der Handwerker die Gerichtskosten zu tragen und allenfalls die Gegenseite zu entschädigen. Wird das Gesuch um prov. Eintragung gutgeheissen, so geht der Handwerker ebenso in Vorleistung mit den Gerichtskosten. Erst im Verfahren auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts wird über die endgültige Kostenverteilung entschieden.

b) Weiteres Verfahren

Wurde dem Antrag auf provisorische Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts stattgegeben, so erhält der Handwerker eine Frist seitens des Gerichts, um vor dem ordentlichen Gericht auf definitive Eintragung des Pfandrechts zu klagen. Verpasst der Handwerker diese Frist, kann der Eigentümer die Löschung des Pfandrechts verlangen.

Erfolgt die definitive Eintragung des Pfandrechts, ist die Forderung des Handwerkers im Umfang des Eintrags sichergestellt.

Der Handwerker kann, wenn der Eigentümer auch Schuldner der Werklohnforderung ist, diesen Antrag auf definitive Eintragung auch mit seiner Forderungsklage verbinden. Erst wenn der Handwerker vor dem ordentlichen Gericht in Bezug auf seine Forderung obsiegt hat, kann er auf dieses Pfand zugreifen. In diesen Verfahren hat der Handwerker seinen Anspruch nicht nur glaubhaft zu machen, sondern voll zu beweisen.

7. Abwehrhandlungen des Eigentümers bzw. Tipps

In der Folge sollen einige Optionen des Eigentümers angesprochen werden, um sich vor einem Bauhandwerkerpfandrecht zu schützen.

a) Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen

Insbesondere bei Miteigentum oder Stockwerkeigentum ist sicherzustellen, dass das richtige Grundstück seitens des Handwerkers angegeben wurde bzw. eine Aufteilung erfolgt ist. Ebenso sollte die Einhaltung der viermonatigen Frist genau geprüft werden.

b) Vermeidung einer Doppel- oder Mehrfachzahlung

Zur Vermeidung einer Mehrfachzahlung ist es empfehlenswert, mit dem GU oder TU vertraglich zu vereinbaren, dass der Eigentümer die Subunternehmer selbst und direkt bezahlt. Da der Beizug von Subunternehmen indessen nicht immer a priori für den Eigentümer ersichtlich ist, kann der Eigentümer auch alternativ vom GU oder TU eine Bank- oder Versicherungsgarantie verlangen, womit diesfalls der Bürge für die Bauhandwerkerpfandforderung aufkommt, und damit anderweitige Sicherstellung erfolgt. Schliesslich kann der Eigentümer bei Zahlung an den GU oder TU verlangen, dass dieser einen Nachweis vorlegt, wonach die Subunternehmer bezahlt worden sind, bevor die Zahlung an den GU / TU selbst erfolgt.

c) Vermeidung eines neuen Fristenlaufs

Als Eigentümer sollte vermieden werden, einen ehemaligen Subunternehmer eines GU oder TU direkt und nachträglich zu beauftragen, da bei Wiederaufnahme der Arbeiten auch frühere Leistungen innert der viermonatigen Frist durch das Bauhandwerkerpfandrecht geschützt werden können.

d) Verbesserung der Ausgangslage für den Weiterverkauf

Möchte der Eigentümer die Liegenschaft weiterverkaufen, können eingetragene Bauhandwerkerpfandrechte ein Hindernis sein oder sich preismindernd auswirken. Da das Bauhandwerkerpfandrecht nur eingetragen wird, sofern keine andere Sicherheit besteht, kann der Eigentümer die Eintragung verhindern oder löschen lassen, indem er z.B. eine Barkaution beim Gericht hinterlegt, einen Grundpfandtitel zu Lasten eines anderen Grundstücks beibringt oder eine Bankgarantie oder -Bürgschaft vorlegt.

e) Kostenoptimierung

Häufig bringen Einsprachen gegen eine vorsorgliche Eintragung nicht den gewünschten Erfolg, da der Handwerker die Eintragungsvoraussetzungen nur glaubhaft machen muss. Freilich gibt es Fälle, in welchen sich z.B. wegen Fristablaufs oder falscher Angabe des Grundstücks die Eintragung verhindern lässt.

Ist einmal eine provisorische Eintragung erfolgt, empfiehlt es sich mit dem Handwerker Vergleichsverhandlungen zu führen, bevor weitere Kosten für die definitive Eintragung anfallen (Gerichts- und Anwaltskosten). Hierbei ist ein Augenmerk auf das Vorhandensein allfälliger und weiterer Sub-Sub-Unternehmer zu setzen oder die Bezahlung von lediglich 90% der tatsächlich geleisteten Bauarbeiten zu verhandeln und damit 10% als Rückbehalt für eine Baugarantie zu verwenden, wobei auch die Auszahlung vorzugsweise nur gegen Aushändigung der in Art. 181 SIA-Norm 118 vorgesehenen Bank- oder Versicherungsgarantie erfolgen sollte.

Das Institut des Bauhandwerkerpfandrechts kann je nach Konstellation komplex sein. Gerne stehen wir Ihnen beratend zur Verfügung und unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.