Fast jede zweite Eheschliessung ist in der Schweiz entweder binational oder beidseitig ausländisch. Für viele Ehegatten bedeutet dies ein Umzug in die Schweiz zu ihrem hier ansässigen Ehepartner. Gestützt auf den Ehebund sowie das Zusammenleben erhält der ausländische Ehegatte eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des gesetzlich geregelten Familiennachzugs. Was passiert jedoch mit dem Bleiberecht, wenn sich die Ehegatten trennen? Lesen Sie hier mehr dazu.
In diesem Blogeintrag wurde der besseren Lesbarkeit halber grösstenteils die männliche Form verwendet. Entsprechende Ausführungen gelten jedoch für sämtliche Personen.
Ausgangslage
Herr Müller und Frau Smith hatten sich in den USA bei einem gemeinsamen Sprachaufenthalt kennengelernt und führten während mehrerer Jahre eine Fernbeziehung. Nach reiflicher Überlegung heirateten sie und Frau Smith zog zu ihrem Ehemann in die Schweiz. Vom Migrationsamt wurde sie im Familiennachzug geregelt und verfügt aktuell über eine B-Bewilligung. Zwei Jahre nach dem Zuzug fing die Beziehung an zu kriseln und die Ehegatten trennten sich. Herr Müller zog aus der gemeinsamen Wohnung aus und meldete sich in der Gemeinde seines neuen Wohnortes an.
Ein paar Wochen nach der Trennung erhalten beide Ehegatten vom Migrationsamt einen Brief mit diversen Fragen. Nach Abschluss der Abklärungen teilt das Migrationsamt Frau Smith mit, dass sie keinen Anspruch auf Verbleib in der Schweiz habe und sie ausreisen müsse. Frau Smith ist mit dem Entscheid nicht einverstanden, da sie in der Schweiz bleiben möchte.
Wie ist die Rechtslage?
Bleiberecht
Nach Auflösung der Familiengemeinschaft hat der ausländische Ehegatte, welcher zu einem Schweizer Ehegatten oder einem Ehegatten mit C-Bewilligung hinzugezogen ist, einen Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, wenn a) die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und die ausländische Person in der Schweiz integriert ist oder b) wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. Falls der in der Schweiz anwesenheitsberechtigte Ehegatte über eine B- oder L-Bewilligung verfügt, besteht kein Rechtsanspruch auf weiteren Verbleib. Der Entscheid obliegt in diesen Fällen dem Ermessen der Migrationsbehörde, welche aber auch die nachfolgenden Voraussetzungen prüft.
Die nachfolgenden Ausführungen sind ausschliesslich auf Verheiratete und eingetragene Partner anwendbar. Konkubinatspartner fallen nicht unter die Regelung.
a) 3-jährige Ehegemeinschaft und Integration
Die dreijährige Frist beginnt im Zeitpunkt zu laufen, in welchem die Ehegatten ihr effektives Zusammenleben als Verheiratete in der Schweiz aufnehmen. Für die Berechnung des Endes der Frist ist relevant, wann der gemeinsame Haushalt aufgelöst wurde. Hier ist auf die nach aussen wahrnehmbare eheliche Wohn- bzw. Haushaltsgemeinschaft abzustellen. In den meisten Fällen ist der Auszug eines Ehegatten aus der gemeinsamen Wohnung für die Berechnung der Frist ausschlaggebend. Sofern an der Weiterführung der Ehegemeinschaft trotz getrennten Wohnungen festgehalten wird, muss dies gut begründet werden. Irrelevant ist im Zusammenhang mit der Dauer der Ehegemeinschaft, ob die Ehegatten noch verheiratet oder bereits geschieden sind. Die dreijährige Frist gilt absolut, d.h. wenn sie nicht erfüllt ist, erhält selbst eine integrierte Person kein Bleiberecht in der Schweiz.
Kumulativ zum Bestand der dreijährigen Ehegemeinschaft muss der ausländische Ehegatte nachweisen können, dass er in der Schweiz integriert ist. Bei der Beurteilung der Integration berücksichtigt die Migrationsbehörde die folgenden Kriterien: die Beachtung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Respektierung der Werte der Bundesverfassung, die Sprachkompetenz sowie, ob die ausländische Person selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen kann und falls nicht, welche Gründe dafür vorliegen (z.B. Krankheit, Behinderung, Ausbildung). Betreffend die Sprachkompetenz hat der ausländische Ehegatte mit einem vom Staatssekretariat für Migration anerkannten Sprachzertifikat nachzuweisen, dass er über ein mündliches Niveau A1 des Referenzrahmens der am Wohnort gesprochenen Landessprache verfügt.
b) Ausnahme: Nachehelicher Härtefall
Sofern die in der Schweiz gelebte Ehegemeinschaft keine drei Jahre gedauert hat oder die Frist zwar erfüllt ist, aber eine Person die Integrationskriterien nicht erfüllt, besteht in der Regel kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib in der Schweiz. Eine Ausnahme davon liegt nur dann vor, wenn die ausländische Person wichtige persönliche Gründe geltend machen kann, welche einen weiteren Verbleib in der Schweiz erforderlich machen.
Als wichtiger persönlicher Grund gelten beispielsweise 1) der Tod des in der Schweiz berechtigten Ehegatten, 2) falls der ausländische Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt wurde und dies glaubhaft gemacht wurde, 3) medizinische Gründe, 4) wenn die soziale Wiedereingliederung im Heimatland stark gefährdet erscheint oder 5) wenn eine schützenswerte Beziehung zu einem in der Schweiz anwesenheitsberechtigten Kind besteht. Diese Aufzählung ist nicht abschliessend.
Ablauf des ausländerrechtlichen Verfahrens
Sobald die Migrationsbehörde über die Auflösung der Familiengemeinschaft informiert wird, klärt sie den Sachverhalt von Amtes wegen ab. Die betroffenen Personen sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken und Nachweise einzureichen. Falls die Migrationsbehörde beabsichtigt, einen negativen Entscheid zu fällen, erhält die betroffene Person das sogenannte «rechtliche Gehör». Sie kann sodann innert Frist ihre Stellungnahme zum beabsichtigen Entscheid der Behörde einreichen. Falls die Behörde am negativen Entscheid festhält, ergeht eine kostenpflichtige Verfügung. Sofern die betroffene Person mit dem Entscheid nicht einverstanden ist, empfiehlt es sich, den Entscheid von einem Rechtsanwalt/Rechtsanwältin überprüfen zu lassen und falls nötig, ein Rechtsmittel zu ergreifen und den Fall von der nächsthöheren Instanz beurteilen und entscheiden zu lassen.
Zurück zu Frau Smith
Das eheliche Zusammenleben von Frau Smith und Herrn Müller wurde vor Ablauf der dreijährigen Frist aufgehoben. Falls Frau Smith keine wichtigen Gründe für einen weiteren Verbleib in der Schweiz geltend machen kann, verliert sie ihre vom Ehemann abgeleitete Aufenthaltsberechtigung. Sie wird Schweiz verlassen müssen, ausser sie kann ein eigenes originäres Aufenthaltsrecht geltend machen.
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