«Elternkonflikt in der Trennung»
Trennen sich Eltern, so müssen gewisse Themen geregelt werden. Wer bleibt in der gemeinsamen Wohnung, wo wohnen die Kinder, wie werden die Besuchs-und Ferienrechte geregelt und wer muss wieviel Unterhalt bezahlen (ZGB 176).
Der Elternkonflikt in der Trennung
In vielen Familien ist schnell klar, wer auszieht. Auch der neue kompliziert zu berechnende Kinderunterhalt wird ebenfalls erstaunlich gut akzeptiert. Dafür wird vermehrt um die Betreuung der Kinder gekämpft. Plötzlich wollen beide Eltern die Kinder in einem vorher nie geübten Ausmass betreuen. Oft wird dem ausgezogenen Elternteil der Besuch der Kinder eigenmächtig über Wochen verwehrt. Darauf reagiert der andere Elternteil verständlicherweise oft nicht freundlich, was den Konflikt erst richtig anheizt. In der Folge solidarisieren sich die Kinder mit einem Elternteil. Die kindliche Ablehnung des anderen Elternteils nährt Spekulationen über das schädigende Verhalten des Konfliktpartners und der Fall landet beim Gericht.
Tatsache ist, dass der Elternkonflikt der Entwicklung des Kindes erheblich schaden kann. Je jünger die Kinder, desto fataler ist eine Sistierung des Besuchsrechts. Auf der Basis dieser Forschungshintergründe bieten die Gerichte heute innovative Unterstützung an, welche die Eltern zwingen, ihre Konflikte abzubauen und angeleitet Lösungen zu finden.
Nachfolgend werden die Angebote zur Intervention bei Elternkonflikte in der Trennung vorgestellt, mit Fokus auf den Kanton Basel-Stadt. Der Eheschutzrichter hat die Kompetenz, bei der Regelung des Getrenntlebens im Hinblick auf die minderjährigen Kinder die nötigen Massnahmen zu treffen (ZGB 307). Insbesondere kann eine «angeordnete Beratung» und / oder der Besuch des Kurses «Kind im Blick» verfügt werden.
Angeordnete Beratung
Sind die Parteien in hohem Mass zerstritten und können sich über die Kinderbelange nicht einigen, so wird die sogenannte «angeordnete Beratung» beim Kinder-und Jugenddienst (KJD) verfügt. Dieses Interventionsinstrument ermöglicht, blockierte Prozesse anzugehen und innert kurzer Zeit mit Hilfe von Dritten (Fachperson) tragfähige Ergebnisse mit Fokus auf die betroffenen Kinder zu erarbeiten. Die Eltern werden vom Gericht verpflichtet an der Beratung teilzunehmen. Die Beratung ist systematisch immer gleich aufgebaut. Innert drei Monaten finden rund 5 Sitzungen statt mit Gesprächen aller beteiligten Familienmitglieder. Das Gericht terminiert die Rückmeldung und erteilt den Auftrag an die KJD. Es wird gleichzeitig eine 2. Gerichtsverhandlung angesetzt. Falls sich die Eltern im Rahmen der angeordneten Beratung über alle offenen Punkte einigen können, so reicht die Fachperson die Vereinbarung dem Gericht ein und die 2. Verhandlung wird hinfällig. Sofern sich die Eltern nicht einigen oder nur teilweise, so findet die 2. Gerichtsverhandlung statt. Die Fachperson ist an der Verhandlung ebenfalls anwesend und wird dem Richter eine Empfehlung mündlich abgeben. Anschliessend wird nach Anhörung der Eltern in der Sache entschieden. Es kann eine Weiterführung der angeordneten Beratung erfolgen, Einholung eines Berichts oder Anordnung eines Gutachtens im Hinblick auf die autoritative Verfügung des Kinderkontakts.
Kinder im Blick – ich, wir, unser Kind
Eine weitere Massnahme des Eheschutzrichters bei streitenden Eltern ist die Anordnung des Besuchs des Kurses «Kinder im Blick» (www.kinderimblick.ch) für beide Eltern. Der Kurs umfasst 6 Einheiten à 3 Stunden und wird in gemischt-geschlechtlichen Gruppen à 8 Teilnehmer und je 2 Trainern gleichzeitig in jeweils 2 Gruppen durchgeführt. Beide Eltern müssen getrennt, jedoch zur selben Zeit eine Gruppe besuchen. Inhalt der Einheiten bilden Kurzvorträge, Trainerdemonstrationen als Positiv- oder Negativ-Modell sowie Übungen mit den Eltern. Es sollen Selbsterfahrungen, Erfahrungsaustausch und Rollenspiele gemacht werden. Inhaltlicher Schwerpunkt bilden das «ich, wir und unser Kind». Der Kurs sensibilisier die Eltern für die Bedürfnisse der Kinder und verbessert das Wohlbefinden der Eltern. Die Kosten belaufen sich dank Subventionen derzeit auf CHF 150.00 pro Teilnehmer. Die Kurse können auch ohne richterliche Anordnung besucht werden.
Das Fazit und die Lösungen
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die autoritative Verfügung einer Besuchsregelung nur zur Anwendung kommt, wenn die richterlich angeordnete Hilfe zur Selbsthilfe nicht möglich ist oder keinen Erfolg erzielte.
Je höher der Elternkonflikt eskaliert ist und je länger dieser dauert, desto weniger erfolgreich ist eine der beschriebenen richterlichen Interventionsoptionen. Die Motivation der beteiligten Anwältinnen und Anwälte ist dabei nicht zu unterschätzen. In jedem Rechtsgebiet und erst recht im Familienrecht muss der Klient seinem Anwalt vertrauen, damit eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gegenanwalt und dem Richter möglich ist. So kann ein uneinsichtiger Elternteil oft mit Hilfe des Anwalts und dem Richter wieder zur Vernunft kommen. In Konflikten betreffend die Betreuung der Kinder gibt es im Streit keinen Gewinner und nur einen Verlierer – das Kind. Die richterliche Verpflichtung der Eltern die Selbstverantwortung den Kindern gegenüber als Familie wahrzunehmen ist eine begrüssenswerte Entwicklung im Familienrecht.
Gerne vertreten wir Ihre Interessen in Familienprozessen und verhelfen zu angemessenen Lösungen im Hinblick auf die Regelung des Getrenntlebens.