Haftet der Arbeitgeber für Sexuelle-Belästigung durch seine Arbeitnehmer?

Am Arbeitsplatz wird nicht nur gearbeitet; es werden auch Kontakte geknüpft und nicht selten entstehen Freundschaften, Liebesbeziehungen, Flirts …

am 8. March 2019

um 08:00 Uhr

Am Arbeitsplatz wird nicht nur gearbeitet; es werden auch Kontakte geknüpft und nicht selten entstehen Freundschaften, Liebesbeziehungen, Flirts oder längerfristige Partnerschaften. Da bekanntlich nichts für die Ewigkeit ist, gehen diese Beziehungen auch in die Brüche oder sie entstehen gar nicht erst, da sie nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Kommt es gar zu Belästigungen – und dies ist oft schneller der Fall, als es dem Normalbürger bewusst ist –, stellt sich die Frage, wer haftet. Kann auch der Arbeitgeber haftbar werden?

Haftung bei Belästigung durch Organe

Einerseits haftet der Arbeitgeber, wenn er selbst belästigt; dies ist der Fall, wenn z.B. der Firmenpatron selbst oder – bei juristischen Personen wie etwa einer AG oder GmbH – ein Organ (z.B. ein Verwaltungsrat oder Geschäftsführer) handelt. Denn die Handlungen von Organen werden direkt der juristischen Person zugerechnet, als hätte sie selbst gehandelt.

Haftung bei Belästigung durch Arbeitnehmer

Andererseits kann der Arbeitgeber aber auch bei Belästigung durch seine Arbeitnehmer haften. Erfährt der Arbeitgeber von Belästigungen am Arbeitsplatz, so ist er zum Treffen von Schutzmassnahmen verpflichtet. Der Arbeitgeber muss intervenieren, indem er z.B. geeignete Weisungen erteilt, versucht zu schlichten, die Arbeit neu verteilt, die betroffene Person umplatziert, Teams neu einteilt, den Belästiger verwarnt oder – in gravierenden Fällen – sogar einen Arbeitnehmer entlässt. Tut der Arbeitgeber dies nicht, so verletzt er seine Fürsorgepflicht und kann als Konsequenz haftbar gemacht werden.

Bei sexueller Belästigung besteht Pflicht zur Prävention

Bei sexueller Belästigung genügt dies aber nicht. Hier ist der Arbeitgeber sogar verpflichtet, präventiv Massnahmen zu treffen, die zur Verhinderung sexueller Belästigungen erfahrungsgemäss notwendig und angemessen sowie nicht unzumutbar sind. Solche Massnahmen können z.B. in der Einrichtung einer Meldestelle oder in der Sensibilisierung der Arbeitnehmer durch Abgabe eines Merkblattes bestehen. Kann der Arbeitgeber im Falle einer sexuellen Belästigung nicht beweisen, diese Pflicht erfüllt zu haben, droht ihm eine Strafzahlung an das Opfer von bis zu sechs Monatslöhnen (berechnet nach dem schweizerischen Durchschnittslohn).

Haftung auch bei Belästigung in der Freizeit?

Grundsätzlich braucht es für die Haftbarkeit des Arbeitgebers einen sogenannten «Arbeitsplatzbezug». Ist dieser beim Feierabendbier unter Arbeitskollegen oder bei der Büro-Laufgruppe über Mittag noch gegeben? Man neigt zu einem Nein. Es gibt jedoch Gerichtsentscheide, die sehr weit gehen und den Arbeitsplatzbezug und damit die Haftung des Arbeitgebers sogar bejahen, wenn durch die Belästigung die Arbeitsleistung für das Opfer erschwert wird. Davon sei z.B. auszugehen, wenn der Belästiger ein Vorgesetzter oder Arbeitskollege ist und mit dem Opfer eng zusammenarbeitet.

Fazit

Es genügt somit nicht in jedem Fall, erst nach Kenntnis einer Belästigung einzuschreiten. Im Falle von sexueller Belästigung muss der Arbeitgeber Präventivmassnahmen treffen. Der Arbeitnehmer sollte daher Belästigungen zeitnah dem Arbeitgeber mitteilen. Stehen Belästigungsvorwürfe im Raum, ist der Arbeitgeber gut beraten, den Sachverhalt möglichst schnell abzuklären und nötigenfalls Massnahmen zu ergreifen.

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